
Die deutsche Schrift hat einen halben neuen Buchstaben bekommen. Was ist ein halber Buchstabe? Nun, bis vor Kurzem hatte Deutsch sozusagen 29,5 Buchstaben, denn das „ß“ gab es, anders als alle anderen Buchstaben, nur als Kleinbuchstaben. Diese alte Besonderheit ist am Donnerstag korrigiert worden: Das große „ẞ“ ist jetzt auch ein offizieller Teil der deutschen Rechtschreibung.
Aber was ist das überhaupt, so ein „ß“? Woher kommt das? Um das zu beantworten, müssen wir lange Zeit in die Vergangenheit zurückgehen. Noch bis zum zweiten Weltkrieg waren in Deutschland (neben der heute gebräuchlichen Antiqua) die gebrochenen Schriften normal, wie zum Beispiel die Fraktur oder die Schwabacher Schrift. In diesen gab es zwei verschiedene Arten, das „s“ zu schreiben, nämlich einmal mitten im Wort und einmal am Wortende. Im Laufe der Zeit hat sich dann aus gleich zwei Zusammenschreibungen das „ß“ ergeben.
Diese Zusammenschreibungen gab es übrigens auch in anderen Sprachen manchmal, aber dort haben sie sich nicht durchgesetzt. Auch im Deutschen ist das „ß“ nicht überall verbreitet. Insbesondere in der Schweiz benutzt man stattdessen ein Doppel-s.
Da das Binnen-S (das S mitten im Wort) kein Großbuchstabe sein konnte, brauchte man also auch kein großes „ẞ“. Heutzutage ist das ein bisschen anders. In manchen Situationen werden Wörter ganz in Großbuchstaben geschrieben. Das machen wir dann mit zwei S. Normalerweise ist das kein Problem, weil wir ja wissen, wie das Wort geschrieben werden muss. Aber wenn es zum Beispiel um Personennamen geht, ist die Originalschreibweise nicht mehr klar, wenn wir den Namen nur in Großbuchstaben sehen (zum Beispiel in einem Formular). Deshalb ist das „ẞ“ jetzt als Großbuchstabe eingeführt worden.
Es wird noch ein bisschen dauern, bis sich das überall durchsetzt, denn viele Schriften auf Computern haben den neuen Buchstaben noch gar nicht. Aber ein Anfang ist gemacht.
Sehr schön.